Kennt ihr den Begriff "Situationship"? Ich habe ihn neulich erstmals in einem kurzen Instagram-Video gehört, und er hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Eine "Situationship" beschreibt im
Gegensatz zu einer "Relationship" - also einer Beziehung - eine Verbindung zwischen zwei Menschen, in der Reden, Kuscheln, Sex, Verliebtsein, Freundschaft und
alles Mögliche weitere vorkommen kann - außer Verbindlichkeit. Das Zusammensein ergibt sich aus der Situation, so wie es gerade für beide passt. Man kann die geilste Zeit
des Lebens haben, diese kann aber genau so schnell wieder vorbei sein. Jeder Beteiligte darf beliebige andere Verbindungen daneben und drumherum haben. Man ist zusammen, aber man ist es
auch nicht. Maximale Unverbindlichkeit liegt im Trend - in die gleiche Richtung gehen auch Freundschaft Plus, Offene Beziehungen, LAT- Beziehungen (living apart together), der
Status "Mingle" (Mischung aus "mixed" und "single") und vieles mehr.
Ganz allgemein kann man einen klaren Trend zu mehr Unabhängigkeit und gleichzeitig zu mehr Egoismus feststellen: weg vom "WIR" und den guten und schlechten Tagen
hin zum "ICH und meine Berüfnisse zuerst". Weg von der früheren Abhängigkeit in der Ehe hin zu - ja, wohin denn eigentlich? Ist die klassische Beziehung "out" oder sehnen wir uns eigentlich doch
danach?
Ich beobachte tatsächlich zwei verschiedene Tendenzen, nämlich zum einen die immer unverbindlicheren, losen Beziehungen, aus denen man sich das maximal Beste "rausholt", die aber
beendet werden, sobald sie anstrengend werden.
Gleichzeitig sehe ich immer mehr Paare, die sehr gute, enge und auf Dauerhaftigkeit angelegte Beziehungen führen. Ich nenne die die "Joyclub-Paare", denn in der Regel findet man sie in diesem
Online-Portal. Sie praktizieren Tantra oder BDSM, sie besuchen Swinger-Clubs oder sexuelle Weiterbildungen, sie sind belesen oder gehen zur Paar- und Sexualberatung. Sie sind
offen für sexuelle Außenkontakte, aber bitte gemeinsam! Treue ist ein wichtiger Wert für sie, diese resultiert aber nicht aus Verpflichtung und Abhängigkeiten, sondern weil es
beide wollen. Diese Paare haben ein großes Interesse daran, ihre Beziehung zu verbessern, aktiv daran zu arbeiten, und sie sehen Konflikte und Krisen als Chance für Wachstum. Oftmals sind das
Menschen, die die Lebensmitte bereits hinter sich haben, und vielleicht bereits eine erste längere Partnerschaft hatten, welche mit Mitte/Ende 40 und spätestens mit dem Auszug der erwachsenen
Kinder in einer Scheidung endete. Ein paar Jahre später, mit Anfang 50, fangen sie nochmal neu an und machen tatsächlich vieles besser als in früheren Beziehungen. Der
Wunsch, gemeinsam alt zu werden, wurde noch nicht von Situationships & Co verdrängt.
Fakt ist: wir werden immer älter. Und wir bleiben immer länger fit. Wird es also in zwanzig bis dreißig Jahren viele Menschen geben, die zum zweiten Mal Silberhochzeit
anstatt einmal Goldene Hochzeit feiern?
Ich finde das eine sehr charmanten Gedanken. Was sagt ihr dazu?
Ausführlich spreche ich über diese und andere Themen in meinem neuen Vortrag "Future Love".
Die nächsten Termine in Kürze hier auf dieser Website unter www.susanne-wendel.live/aktuelles
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